Im Schatten des Ringes by Cynthia Felice
Autor:Cynthia Felice [Felice, Cynthia]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Moewig 3577
veröffentlicht: 2014-02-10T05:00:00+00:00
18
Seit einigen Nächten schon wehten die Frühlingswinde aus der Gegend jenseits des Gebirges zu uns herüber. Die Bauern pflanzten auf ihren Feldern die ersten Pilze aus. Moospolster gediehen, blühten, und ihre dünnen, geraden Schößlinge ließen die Hochflächen in einer herrlichen Sinfonie aus lichten Grautönen erstrahlen. Farnwedel entfalteten sich entlang des Pflasterpfades nahe unserem Haus, und ich verfolgte ihr Wachstum mit ungewöhnlichem Interesse; wenn die Wedel mir bis an die Knöchel reichten, wäre der Schnee auf den Pässen getaut, und der Erobererkönig würde mit seinem Hof etwa ein oder zwei Zwienächte später bei uns eintreffen. Dann würden die Fackeln auf den Wehrtürmen seiner Festung wieder angezündet und Zwienacht und Nacht brennen. Und mit einem Zwinkern seines Herrscherauges könnte er die Attacken des Tempels gegen mich und Rellar unterbinden.
Aber die Farnwedel hatten gerade erst die Höhe meines Innenristes erreicht, als ich nach Hause zurückkam und Baltsars Sklavinnen antraf, wie sie auf dem Pflasterpfad vorbeieilten und dabei Arme und Schultern voller Kleider und Polster davon schleppten.
„Was macht ihr da?“ fragte ich verwirrt. Doch niemand wollte mir darauf eine Antwort geben. Ich rannte an ihnen vorbei und gelangte zum Haus, dessen Tür offenstand, so daß die Sklavinnen ohne Schwierigkeiten ein- und ausgehen konnten. „Was ist hier im Gange?“ fragte ich laut.
„Es tut mir leid, Heao.“ Baltsar kam aus dem Schmutzraum. Seine Augen blickten traurig, sein Schwanz hing schlaff herab. „Ich hatte damit gerechnet, daß du einige Zeitstücke länger unterwegs sein würdest.“
Ich begriff immer noch nicht. „Ich bin früher zurückgekommen“, sagte ich und beobachtete, wie weitere Sklavinnen mit seinen Habseligkeiten das Haus verließen und sich eilig entfernten.
„Ich kann das nicht länger dulden und ertragen“, sagte er. Er wich meinem Blick aus und wagte es nicht, mir in die Augen zu schauen, und dann begriff ich endlich. Zorn flammte heiß in mir auf.
„Du hast tatsächlich versucht, dich heimlich davonzuschleichen“, stieß ich flüsternd und voller Entsetzen hervor, „ohne ein einziges Wort.“
„Was hätte ich sagen sollen, Heao – daß ich ein selbstsüchtiger Mann bin, der sich von nichts und niemandem Vorschriften machen und sich zerbrechen läßt? Würdest du es verstehen, wenn ich dir sagte, daß ich es nicht ertragen kann, mitzuerleben, wie meine Kinder von ihren Freunden schäbig behandelt werden … daß ich ihre Verzweiflung nicht mehr sehen kann? Du siehst ja selbst, was du durch dein Verhalten in Gang gesetzt hast, und trotzdem scheint es dich nicht sonderlich zu rühren.“
Ich schüttelte den Kopf. „Aber es dauert doch gar nicht mehr lange.“
Er wandte sich mit gesenktem Kopf ab. „Ich kann nicht mehr darüber hinweggehen, Heao, kann es nicht mehr unterdrücken. Ich schwöre bei den Göttern, daß ich es versucht habe.“
„Es sind gar nicht die Kinder!“ schleuderte ich ihm entgegen. „Du hast Angst!“
„Ja.“
„Daß deine Geschäfte schlechter gehen.“
„Auch davor.“ Seine Stimme klang kräftiger. Er drehte sich um und näherte sich mir bis auf Armeslänge, bis er endlich bemerkte, daß mein Schwanz zuckte. „Die Entscheidung, dich zu verlassen, habe ich mir wirklich nicht leichtgemacht. Ich empfinde den Kindern gegenüber eine tiefe Verantwortung, der ich nachkommen will, selbst wenn du es nicht tust.
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